Donnerstag, 5. Januar 2017

Lisa Heathfield - Hier musst du glücklich sein




Verlag: Carlsen
Seiten: 317
Erschienen: 22. Dezember 2016
Preis: 16.99 Euro (Ebook: 11.99 Euro)




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Seit ihrer Geburt lebt Pearl in Saat. Eine kleine Gemeinschaft, abgeschottet von der Außenwelt, inmitten von Erdbeerfeldern. Für Pearl ist Saat der schönste Ort auf der Welt. Nirgendwo könnte sie sich wohler und sicherer fühlen, als hier. Mitten in der Natur und mit ihrer Familie. 
Alles, was sie zum Leben brauchen, bauen sie selber an und das Oberhaupt der Familie, Papa S, beschützt sie vor der schlimmen und vergifteten Welt außerhalb von Saat. 
Niemals hätte Pearl gedacht, dass sich ihre Gefühle gegenüber ihrem Zuhause und gegenüber Papa S verändern würden. Aber genau das geschieht, als der gleichaltrige Ellis mit seiner Mutter und seiner kleinen Schwester nach Saat zieht. Ellis, der erste Junge aus der Draußenwelt, mit dem Pearl Kontakt hat, bringt ihr Weltbild ins Schwanken. Viele Dinge, die Pearl beigebracht bekommen hat und die sie für selbstverständlich hielt, stellt Ellis in Frage. Zudem werden Pearls Gefühle Ellis gegenüber mit jedem Tag intensiver und verwirrender. 
Langsam aber sicher wird Pearl klar, dass Saat nicht das Paradies auf Erden ist, für das sie es immer gehalten hat und dass sie zusammen fliehen müssen, um sich zu retten...

Das Thema 'Sekte' in einem Roman zu behandeln wird an Aktualität wohl niemals verlieren. Zu interessant ist es von völlig verschiedenen Weltbildern und einem Alltag zu lesen, der sich so von dem, was wir kennen, unterscheidet. Zudem ist es auf jede erdenkliche Art und Weise aufwühlend von Menschen zu erfahren, die so manipuliert worden sind, dass sie nicht mehr unterscheiden können, was falsch und was richtig ist. Menschen, deren Schwächen und Lebenssituationen ausgenutzt werden, um ihnen das Bild einer 'heilen Welt' zu präsentieren, die meistens bei näherer Betrachtung Risse bekommt. Das Thema 'Sekte' bleibt immer ein Thema. Man liest davon in den Nachrichten, in Büchern. Man schaut Filme und hört Berichte von Menschen, die es hautnahe miterlebt haben.
In Lisa Heathfields Debütroman "Hier musst du glücklich sein" wird das ganze Thema allerdings aus einer anderen Perspektive beleuchtet. Einer Perspektive, die zu Beginn des Romans so voller kindlicher Unschuld ist und die sich nach und nach der bitteren Wahrheit stellen muss. 
Pearl kennt nichts anderes außer ihrem Zuhause Saat. Sie ist hier geboren, hier hat sie ihre Familie, hier wird sie von Papa S beschützt vor der vergifteten Welt da draußen. Ganz bewusst wird gerade am Anfang das Landschaftsbild von Saat genutzt, um den Leser ein bisschen in die Irre zu führen. Denn, wenn man nach den Beschreibungen geht, könnte dieser Ort tatsächlich eine Art Paradies sein. Ein friedlicher Rückzugsort, der einen den Alltag von draußen vergessen lässt. Genau dieses Trugbild einer Idylle, veranlasste Ellis Mutter dazu mit ihren Kindern nach Saat zu ziehen. 
Mit Ellis tritt der Mensch in Pearls Leben, der nicht nur ihr Leben verändern wird, sondern auch für die Wendung in der Handlung steht. Immer mehr verändert sich Pearls Bild von Saat. Sie stellt Dinge in Frage, die sie vorher niemals in Frage gestellt hätte. Sie stellt Fragen, macht sich damit aber auch angreifbar, da ihr Sinneswandel nicht lange unbemerkt bleibt. 
Die Figur 'Pearl' war für mich persönlich, als Leserin, wahnsinnig interessant zu beobachten, weil sie bei mir ambivalente Gefühle erzeugt hat. In vielen Situationen ist mir ihre Naivität besonders negativ aufgefallen und ich habe mich regelrecht über sie geärgert. Im nächstem Atemzug schaltete sich aber wieder das Empathiegefühl bei mir ein und ich habe mir versucht vorzustellen, wie es wäre, keine Vorstellung von der Welt zu haben. Gerade als junger Mensch kann man in dieser Situation im ersten Moment eigentlich nur naiv reagieren. Danach hatte ich schon fast Schuldgefühle, weil ich zunächst so ärgerlich auf ihre Aussagen reagiert habe. 
Auch das Verändern der generellen Atmosphäre im Roman ist der Autorin besonders gut gelungen. Das Umkippen der Stimmungslage ist so schleichend, dass es erst dann richtig greift, wenn man als Leser schon mittendrin ist. Der Kloß im Hals, der mit jeder Seite immer größer wird, das beklemmende Gefühl in der Brust und die Angst, was am Ende passiert. Denn dass etwas passieren wird, das ist, während der gesamten Geschichte, so deutlich, wie ein neonfarbenes blinkendes Schild in der Dunkelheit. 
"Hier musst du glücklich sein" ist ein beklemmendes und düsteres Buch geworden. Es ist aber auch gleichzeitig eine Geschichte voller Hoffnung und das Recht das eigene Leben so zu leben, wie man es möchte. Lisa Heathfield hat das Paradies erschaffen und darin einen wahr gewordenen Albtraum spielen lassen. Aber es ist wichtig zu lesen und zu verstehen, dass es im Prinzip nur um Menschen geht, die glücklich sein wollten. 

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